Die Herrin der Farben by Dempf Peter

Die Herrin der Farben by Dempf Peter

Autor:Dempf, Peter [Dempf, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783751728300
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2023-01-27T00:00:00+00:00


18

DREI MONATE SPÄTER · SEPTEMBER 1759

Kerzen illuminierten den Salon. Elsbeth reichte kleine Kanapees, und auf dem Buffet standen Flaschen mit Wein und Schnaps. Alle Gäste waren dazu eingeladen, sich selbst ungezwungen nachzuschenken.

Johann hatte man so im Salon in einem Sessel platziert, dass er einen guten Überblick hatte. Aufzustehen war ihm unmöglich. Seine Lunge brachte ihm dafür nicht mehr genügend Luft. Felicitas saß neben ihrem Vater und machte große Augen. Erstmals durfte sie an einem Salon teilnehmen.

Alle waren sie gekommen: Catharina Schüle, die Langenmantelin, Schwarz und Lotter mit ihren Frauen, Gleich und ein durchreisender Musikus, den Anna nicht kannte. Anton hatte ihn mitgebracht und würde mit ihm zusammen ein Stück von Carl Philipp Emanuel Bach spielen.

Die Gäste plauderten und tauschten sich aus. Stichwörter zu Politik, Musik, Malerei und Literatur flogen durch den Raum. Alle redeten durcheinander, und doch lauschte Anna den Stimmen mit einem gewissen Vergnügen. Sie woben ein Gespinst aus Worten, das, je genauer man hinhörte, den Geist dieser Zeit verkörperte und festhielt, zumindest für diesen Moment. Endlich klatschte sie in die Hände und läutete den Abend ein.

»Verehrte Gäste!«, begann sie. »Es freut mich, dass Sie alle der Einladung zu meinem Salon gefolgt sind. Wir wollten uns heute Abend dem neuen Theaterstück eines jungen Autors widmen, das gerade Aufsehen macht: Miss Sara Sampson von Gotthold Ephraim Lessing. Vorgeschlagen hat es …«

»Ich möchte Euch nicht unterbrechen, meine liebe Madame Gignoux. Aber Ihr solltet mich nicht loben, weil ich ein Buch vorgeschlagen habe. Ich habe das Stück gesehen – und wollte nur, dass wir darüber reden, weil es ein Thema transportiert, das mich bewegt. Mehr nicht.«

Anna hasste diese Unterbrechungen, die sie nur aus dem Konzept brachten. Dabei hätte sie Gleich mit keinem Wort erwähnen wollen. Ja, es stimmte, er hatte zu ihr gesagt, er habe das Stück gesehen, vorgeschlagen aber hatte es die Langenmantelin. Sie war in der Runde die Belesenste. Sie empfand es als ungerecht, wie er sich in den Vordergrund schob, während er gleichzeitig betonte, er wolle ebendas nicht. Das Gegenteil war der Fall, und er heimste noch Zustimmung für eine Bescheidenheit ein, die nur gespielt war. Ein Beifall folgte auf den kurzen Einwurf, den sogar die Langenmantelin spendete. Anna war verblüfft. Warum wehrte sie sich nicht gegen diese Anmaßung Gleichs?

»Dann, mein lieber Gleich, dürft Ihr gleich den Kern der Geschichte vortragen. Es geht, wie ich weiß, um eine Liebe, mehr noch, um eine Flucht aus Liebe …«

Gleich warf sich erneut in Pose und schien kurz den Augenblick zu genießen. »Wenn ich ehrlich sein darf, habe ich mich während der Aufführung mehr mit meiner Nachbarin unterhalten als mit dem Stück beschäftigt, das doch etwas übertrieben in seiner Darstellung der Bedeutung des weiblichen Geschlechts ist und die Rolle der Frau nach meinem Geschmack etwas zu sehr in den Mittelpunkt stellt. Ich würde ihm das Etikett ›kompliziert‹ verleihen. Weiblich eben, durch und durch.«

Er erntete mit seiner Einschätzung Beifall vor allem bei den Männern, die sich sofort über andere Themen zu unterhalten begannen, bis Anna wieder in die Hände klatschte. »Ich danke dem Kaufmann für seine Einschätzung.



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